Wie Antidiskriminierungsgesetze Freiheit und Eigentum gefährden
Eine steile These von Malte Fischer, dem Wirtschaftsredakteur der Neuen Züricher Zeitung1, der anlässlich einer Konferenz zum Antidiskriminierungsgesetz in Berlin einen Artikel im Newsletter „Der andere Blick am Morgen“ geschrieben hat. Das Wirtschaftsleben kann nur funktionieren, wenn man Diskriminierung erlaubt. Das Konzept von Eigentum beruht auf der Beschränkung von Zugang zu Ressourcen. Wenn Antidiskriminierungsgesetze die Möglichkeit verneinen, den Zugang zu Ressourcen zu beschränken, fehlt ein wichtiges Element der sozialen Kontrolle, Zitat: „Weil Antidiskriminierungsgesetze das Ausschlussprinzip aushebeln, fördern sie unzivilisiertes Verhalten.“ Als ich das gelesen habe, musste ich erstmal trocken schlucken und meinen Beißreflex unter Kontrolle halten. Aber dann habe ich mich gezwungen, mich auf die Argumentation einzulassen. Hier das Ergebnis meiner Überlegungen.
Fischer schlägt vor, dem Markt mehr zuzutrauen. Der Markt reguliert Diskriminierung dadurch, dass er auf Performance achtet, so die Argumentation. Wenn jemand darauf verzichtet, die erstklassige Verkäuferin einzustellen, geht ihm halt Umsatz verloren. Im Übrigen ist eine Entscheidung bei einem Verkauf oder Tausch unter mehreren immer eine diskriminierende Handlung gegen andere, die nicht den Zuschlag bekommen. Wo liegt da der Fehler? Ich meine er liegt in der Annahme, dass das Antidiskriminierungsgesetz dafür sorgen soll, dass alle alles bekommen können. Vielmehr geht es darum, dass der Zugang zum Tausch überhaupt möglich wird und die Gesellschaft über die Kriterien informiert wird, nach denen ein Tauschpartner ausgewählt wird.
In einer fortschrittlichen Gesellschaft wird das Eigentum zwar geschützt, der Eigentümer muss sich aber fragen lassen, welchen Bezug sein Eigentum zum Wohle der Allgemeinheit hat. In Artikel 14, Absatz 2 des Grundgesetzes heißt es daher „Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.“ Der Zugang zu wirtschaftlichen Gütern ist daher nicht willkürlich beschränkbar. Im Antidiskriminierungsgesetz wird versucht, systemische Willkür zu beschränken. Man kann sich darüber streiten, ob dieses Ziel mit dem momentan formulierten Gesetz erreicht wurde.
Aber den Schluss zu ziehen, ein solches Gesetz sei prinzipiell zu abzulehnen, weil der Markt dies besser regeln könnte, erschließt sich mir nicht. Zumal das fundamentale Diskriminierungsinstrument – Geld – durch das Gesetz ja nicht in Frage gestellt wird. Unsere Gesellschaft hat sich darauf geeinigt, das der Zugang zu Ressourcen vor allem von einem abhängen soll, Geld. In seinen Beispielen tut der Autor so, als gäbe es dieses Differenzierungsmittel nicht, dabei ist Geld der wichtigste Faktor für die meisten wirtschaftlichen Entscheidungen. Wenn Fischer schreibt, das „Der Markt (…) unerbittlich all jene mit Sanktionen [belegt], die, aus welchen Gründen auch immer, gegen die Falschen diskriminierend handeln.“ so vergisst er, das Märkte genau deswegen reguliert werden müssen, weil sie diskriminierend wirken, zum Beispiel der Markt für Gesundheitsleistungen. Ein unregulierter Markt würde das Krebsmedikament einfach an die Meistbietenden verteilen.
- Artikel von Malte Fischer im Auszug https://www.nzz.ch/der-andere-blick/die-ausweitung-der-antidiskriminierung-bedroht-die-freiheit-ld.1883994
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