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Der Unterschied zwischen Zusammenhang und Grund

Der Unterschied zwischen der Korrelation (Zusammenhang) zweier Ereignissen – dem gleichzeitigen Auftreten beider Ereignisse – und einer Kausalität (Grund) – bei der ein Ereignis ein anderes verursacht – ist in Argumentationen sehr wichtig. Bei der Korrelation treten zwei Ereignisse häufiger gleichzeitig auf, als es der Zufall erklärt. Man formuliert dann Sätze wie „Wenn A eintritt, tritt auch B auf“, was logisch nicht korrekt ist. Dieser umgangssprachliche Ausdruck macht aus einem gleichzeitigen Auftreten eine „wenn-dann“ Aussage, die einen ursächlichen Zusammenhang suggeriert. Warum das wichtig ist, wurde mir klar, als ich im Zuge einer Vorbereitung auf einen Artikel genau in diese Falle getappt bin, nämlich den Unterschied zwischen Kausalität und Korrelation nicht zu berücksichtigen.

Anlass zu meiner Recherche war ein Artikel im Spiegel Online1 über die steigende Rate von Jugendlichen, die ohne Abschluss die Schule verließen. Jungen sind dabei deutlich überrepräsentiert. Wir haben das oft in der Familie diskutiert. Als erstes Tatsache kann man also festhalten, dass Jungen in der Schule generell schlechter abschneiden, dazu gibt es eine Menge Studien, die das auch klar belegen.

Dazu kam nun meine These, dass das Lernumfeld für Jungen anders gestaltet sein müßte, verknüpft mit dem zweiten Ereignis, nämlich der Tatsache, dass Lehrkräfte an Schulen überproportional weiblich sind. Daraus ergab sich für meine These, dass es zu notwendig ist, mehr Männer in den Lehrberuf zu bekommen, um die Unterschiede in der Leistung bei Jungen und Mädchen auszugleichen. Klingt plausibel, dachte ich.

Als ich dann anfing, meine These zu überprüfen, stieß ich auf einen Artikel der bpb2, der sich mit diesem Thema genauer auseinandersetzt. Dort wurden mehrere Studien zitiert, die nachwiesen, dass es für die Leistungen von Jungen und Mädchen nicht relevant ist, ob sie von Lehrerinnen oder Lehrern unterrichtet werden. Meine Intuition war erschüttert. Warum? Weil ich Korrelation offensichtlich mit Kausalität verwechselt habe. Aus der Tatsache, dass an Schulen mehr Frauen als Männer unterrichten folgt eben nicht zwangsläufig, dass dies die Erklärung für die Leistungsunterschiede ist. Die beiden Ereignisse korrelieren, aber sie begründen keine Kausalität, wenn man genauer hinschaut.

Nun könnte man sagen, dass das ja manchmal passieren kann. Was mir diese Erkenntnis aber vor allem vor Augen geführt hat, ist die Gefahr, die durch diese Verwechslung für die Diskussion um politische und gesellschaftliche Themen entsteht. In unserer Welt der allumfassenden Statistik ist es sehr verlockend, aus einer bestehenden Korrelation einen ursächlichen Zusammenhang herzuleiten. Ein paar Beispiele:

  • Wenn man mehr Migranten ins Land läßt, steigt die Kriminalität
  • Steigen die Lohnnebenkosten, sinken die Gewinne der Unternehmen
  • Wenn es mehr Windräder gibt, beschleunigt sich das Insektensterben
  •  …

Es lassen sich sehr schnell für solche Behauptungen die notwendigen Daten aus Statistiken zitieren, um eine Korrelation nachzuweisen. Der ursächliche Zusammenhang ist damit aber noch lange nicht bewiesen. Dazu bedarf es einer deutlich tieferen Analyse. Beschränkt man sich auf den Nachweis von Korrelation, so befeuert man die Bildung von Vorurteilen, die sich nur schwer argumentativ widerlegen lassen, weil sie in unserem Hirn den unbewussten Stempel „Korrelation bedeutet Kausalität“ bekommen haben.

Darauf muß ich in der Zukunft mehr achten, vielleicht nicht nur ich.

  1. Bildung: Immer mehr Jugendliche in Deutschland verlassen die Schule ohne Abschluss – DER SPIEGEL
    ↩︎
  2. Bildungsungleichheiten zwischen den Geschlechtern | Bildung | bpb.de
    ↩︎

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