Die Grüne-Jugend-Chefin Jette Nietzard trägt einen Pulli mit der Aufschrift “ACAB“ – steht für “All Cops Are Bastards“ – und wird dafür schwer kritisiert1. Ich finde, diese Kritik ist berechtigt. Die Jugend-Organisationen von Parteien sind selten angepasst, sie haben eine eher radikalere Einstellung zu den Entscheidungen der „Eltern“-Partei. So weit so normal. Aber die Aussage zeigt vor allem eins, die Arroganz von links- und rechtsradikalen Kräften, eine.solche pauschale, ehrverletzende und rechtlich mehrfach beanstandete Aussage treffen zu dürfen. Das ist ein Zeichen einer Debattenkultur, die einer demokratischen Jugendorganisation nicht gut zu Gesicht steht.
Auch wenn der Begriff ACAB mittlerweile im linksradikalen Umfeld beliebt ist, hat er seinen Ursprung im Straftäter Milieu, bei Rechtsradikalen und in der gewaltbereiten Fußballfan-Szene2. Schon diese Verbindung macht die Benutzung des Begriffes im politischen Diskurs eigentlich unmöglich. Aber Aussagen dieser Art werden von Jugendlichen vielleicht als griffig und cool wahrgenommen. Sie sind aber eigentlich nur eins, populistisch. Als Argument falsch, schon das erste A ist eine zutiefst unzulässige Verallgemeinerung, das B emotionalisierend mit einem rassistischen Unterton, und bei Anwendung von Ausreden wie „steht für All Communists are beautiful“ nicht weit entfernt von der sophistischen Argumentation eines Björn Höcke.
Die Gleichsetzung von Linksradikalismus und Rechtsradikalismus ist unpopulär. Aber deswegen noch lange nicht falsch. Reflexartig wird darauf verwiesen, das „Antifa“ ja nicht mit Nazis zu vergleichen ist. Das stimmt nur solange, bis die „Antifa“ die gleichen Mittel wie die Nazis nutzen. Unrecht führt nur äußerst selten zu Recht, die permanente „Notstandsargumentation“ von Links und Rechts ist vor allem deswegen übergriffig, weil sie sich der demokratischen Debatte nicht mehr stellt. Die Nazis benutzen die „Umvolkung“ als Totschlag-Argument, die Linken den „militärisch-industriellen Komplex“ und beide den angeblichen „Deep-State“ in Form von Verfassungsschutz und Polizei. Auch wenn die Aussage von „Alternativlosigkeit“ seit Frau Merkel im Trend ist, wird sie mehr und mehr zum Feigenblatt für fehlende Argumente und Auseinandersetzung.
Die Grünen erleben gerade einen ungeahnten Mitglieder-Zuwachs, vor allem, weil die Grünen und ihre Führungspersonen Anna-Lena Baerbock und Robert Habeck in der Ampel-Regierung als eine werte- und vernunftgesteuerte Partei mit einem hohen Maß an Verantwortungsbewusstsein wahrgenommen wurde. Ich bin eins diese neuen Mitglieder. Das sollte die Partei nicht verspielen. Die Abgrenzung von Aktionen wie der von Jette Nietzard ist deswegen wichtig. Das sich der gesamte Politikapparat empört – manchmal ebenso über das Ziel hinausschießend – war zu erwarten, aber insbesondere aus den Grünen sollte die Kritik entschieden sein. Dass sich die Baden-Württemberger Parteispitze hier eindeutig positioniert, finde ich daher gut3.
- Quelle: ntv Bericht zur Klöckner Massnahme https://www.n-tv.de/politik/Kloeckner-zieht-rote-Linie-fuer-Nietzard-article25805969.html
↩︎ - Quelle: A.C.A.B. Wikipedia https://de.wikipedia.org/wiki/A.C.A.B.?wprov=sfti1
↩︎ - Tagesschau-Bericht https://www.tagesschau.de/inland/regional/badenwuerttemberg/swr-debatte-um-gruene-jugend-chefin-kretschmann-raet-nietzard-zu-partei-austritt-100.html ↩︎
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