Tages-Kommentare

Auf ein Bier mit Herrn Merz…?

Ich stand gestern mit meiner Tochter an einem Bücherstand, 10€ für 5 Bücher. Ich sollte ihr beim Auswählen helfen. Da fiel uns ein Buch von Harald Martenstein in die Hände. Ich sagte ihr, das könnte interessant sein und wörtlich „Der ist zwar manchmal ein Arschloch, aber man kann ihn trotzdem lesen, ich mag ihn!“. Eine Dame, die meinen Kommentar hörte, drehte sich um und sagte „interessante Charakterisierung“. Es war mir schon etwas peinlich, kam aber aus tiefstem Herzen. Ich gehe davon aus, dass Herr Martenstein Verständnis hätte. Es gehört tatsächlich zu meinem Leseritual, immer auf den ersten Seiten des Zeitmagazins seinen Kommentar zu lesen. Oft regen mich seine Kommentare auf, manchmal auch an und das ist wohl der Schlüssel für meiner Bemerkung am Büchergrabbeltisch. Was hat das nun mit Herrn Merz zu tun?

Wie wäre es wohl, mit Friedrich Merz ein Bier trinken zu gehen? Oder was trinkt man im Sauerland? Ich habe keine Ahnung. Warum die Frage? Ich erwische mich schon dabei, inhaltliche Divergenzen nicht von der Person trennen zu können, so tief im Innersten. Leute mit meiner Meinung sind mir erstmal sympathisch. Sie bekommen einen Vertrauensvorschuß, den sie nutzen können, um mir auch persönlich näher zu kommen. Das ist, glaube ich, menschlich.

Insofern hätte es Herr Merz wohl schwerer. Was habe ich ihm in letzter Zeit so alles vorgeworfen – manchmal auch auf dieser Webseite. Prinzipienlosigkeit beim Umgang mit der AfD im Bundestag, wissentlicher Betrug des Wählers bei der Frage nach der Schuldenbremse. Respektlosigkeit vor dem politischen Gegner und zukünftigen Partner im Wahlkampf. Fragwürdige Behandlung der NGOs in Deutschland, meiner Meinung nach einem Rückgrat der zivilgesellschaftlichen Demokratie. Alles Punkte, zu denen ich stehen kann und die sich begründen lassen.

Aber was macht das mit meiner Position zur Person Merz? Für mich ist die CDU – früher auch die FDP, aber das ist lange her – eine Partei der intellektuellen Herausforderung. Ich war nie ihrer Meinung, aber ich habe die Positionen immer für bedenkenswert gehalten. Friedrich Merz, so er denn Kanzler wird, übernimmt einen Knochenjob und es gibt viele Dinge, die man ihm bei einem Bier fragen könnte.

Vor einiger Zeit habe ich eine Reportage im Fernsehen gesehen, bei dem Herr Merz mit seinem Interviewpartner durch den Wald spaziert. Bei diesem Spaziergang kam er eigentlich sehr nett rüber. Mal abgesehen davon, dass ich sicher keine Gelegenheit haben werde, mit Herrn Merz ein Bier zu trinken, würde ich das nicht ausschließen. Jeder muss für sich die Grenze ziehen, bei mir wäre sie wahrscheinlich bei einem Kaffee mit Frau Weidel, ich würde eine formalere Umgebung vorziehen, um mit ihr zu sprechen. Mit Herrn Merz kann ich mir das Bier trotz allem vorstellen.

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