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Die Mitte muss sich entscheiden – Für die Mitte

🧭 Der Mittelpunkt von Baden-Württemberg ist ein spannendes Thema – denn es gibt tatsächlich zwei verschiedene Mittelpunkte, je nach Berechnungsmethode:

📍 1. Geografischer Mittelpunkt in Böblingen

• Lage: Im Hörnleswald bei Böblingen

• Koordinaten: 48° 39′ 43″ N, 9° 00′ 14″ E

• Berechnung: Extremwertmethode – basiert auf den äußersten Punkten des Bundeslandes (Nord, Süd, Ost, West) und deren Mittelwert

• Markierung: Seit 2017 durch eine Sandsteinstele gekennzeichnet

📍 2. Schwerpunkt-Mittelpunkt in Tübingen

• Lage: In einem Wäldchen namens Elysium, nahe dem Botanischen Garten

• Berechnung: Schwerpunktmethode – stellt den Punkt dar, an dem die ausgeschnittene Landmasse von Baden-Württemberg ausbalanciert werden könnte A

• Markierung: Ein 3 Tonnen schwerer Steinkegel mit 11,5° Neigung, symbolisch für die Erdachsenneigung

Beide Orte sind als Ausflugsziele beliebt und bieten schöne Wanderwege. Du wohnst ja in Böblingen – der Hörnleswald ist also direkt um die Ecke.

Das sagt mir Copilot zur Bestimmung des Mittelpunktes von Baden-Württemberg.

Die Bestimmung der Mitte hängt von der Definition der Mitte ab. Das gilt auch für die Definition der politischen Mitte. Die Mitte ist ein Bereich zwischen Links und Rechts, aber die Grenzen sind fließend. In einem früheren Blog „worauf sich eine parteiübergreifende Mitte einigen könnte“ habe ich meine Sicht auf einige Grundpfeiler der Mitte beschrieben, die neue Bundesregierung ist seit dem Schreiben diese Blogs schon recht aktiv geworden, nicht immer mit Erfolg. In der Diskussion um die Ausrichtung der Politik und wie man die Mitte zurückgewinnen will, bekommt man den Eindruck, dass es vielleicht gar keine Mitte mehr gibt. Auch Robert Habeck hat sich ins seinen – wie ich finde – bitteren Abschiedsworten dahingehend geäußert.

Gibt es die Mitte also nicht mehr, oder zumindestens nicht so viel Mitte wie bisher? Man könnte den Eindruck gewinnen. Wenn man die traditionelle Zuordnung von Parteien im links-rechts Spektrum als Grundlage nimmt, läßt sich an den Wahlergebnissen ablesen, das die Parteien der Mitte an Zustimmung verlieren, die Parteien am linken und rechten Rand aber gewinnen. In privaten Gesprächen in meinem Umfeld – meiner Blase – ist es noch nicht so ausgeprägt, in den Kommentaren in Zeitungen und den öffentlich/rechtlichen Medien polarisiert sich die Sprache allerdings schon, man ist für oder gegen Putin, für oder gegen Israel, Wehrpflicht, Bürgergeld, Schulden, Rentenreform, Steuererhöhungen, Klimawandel…

Diese Äußerungen sind in erster Linie eine Positionsbeschreibung, die häufig mit einer Annahme über einen Konsens verknüpft ist. Das ist die Position der Friedenswilligen, der Humanität, der ökonomischen Notwendigkeiten, der sozialen Gerechtigkeit, der Vernunft, der wissenschaftlichen Einsicht… Ich habe schon zweimal eine offene Liste gekennzeichnet, mit der Interpunktion … Das soll eine Anregung zum Weiterdenken sein, oder aber auch ein Hinweis darauf, dass der Schreibende davon ausgeht, dass es genügend Beispiele gibt, um die Idee selbständig zu erfassen. Diese Offenheit ist im öffentlichen Diskurs immer seltener geworden, es gibt einen Zwang zur Eindeutigkeit. Die Verortung in der Mitte ist politisch häufig ein „sowohl-als-auch“, die Position mahnt zur Überlegung, bevor man sich für links oder rechts entscheidet. Jede Sachfrage kann für sich entschieden werden, ohne die Mitte wirklich zu verlassen. Eine solche Position der Positionierungsverweigerung wird von ideologisch geprägten Menschen verachtet. Dabei ist dieser Ansatz der Erkenntnis geschuldet, dass die Komplexität der heutigen Welt eben nicht durch eine geschlossene Ideologie erfasst werden kann. Ob sozial oder konservativ, links- oder rechtsradikal, von einer ideologischen Position aus betrachtet wird plötzlich alles erklärbar, einfach erklärbar. Fakten werden in den Kontext der zugrunde liegende Ideologie gestellt, als Beweis einer Position.

So verlockend dies sein mag, es behindert den fairen Austausch von Argumenten. Wenn es eine Zeit der einfachen Erklärungen jemals gab, dann ist sie schon lange vorbei. Heutige Entscheidungen sind immer Entscheidungen unter Unsicherheit. Robert Habeck hat in seinem Kommentar zum Rückzug aus der Politik klargemacht, dass er im jetzigen politischen Umfeld keine Chance sieht, einen Diskurs unter Unischerheit zu führen. Angesichts der persönlichen Anfeindungen, die er erfahren hat, vielleicht verständlich. Wenn aber der politische Diskurs nur mit unbeirrter Ideologie-Gewissheit über einen unüberbrückbaren Graben geführt wird, dann haben wir bald Verhältnisse wie in den USA. Es muss möglich sein, sich in der Mitte verorten zu können, den Graben zu überbrücken. Notfalls muss man dafür das Risiko eingehen, seine Sichtweise und Position zu verändern. Das dies gesellschaftlich möglich ist, daran muss ich trotz des momentanen politischen Kulturverfalls glauben und es zur Grundlage meiner Diskurskultur machen.

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